2. Dioxine: Teil 3


Forts. Exkurs: Müllverbrennungsemissionen

9. Abbau der Dioxine:

Bioabbau:
Mikrobiell im Labor, wobei eine HWZ von einem Jahr gemessen wurde. Im Freilandversuch jedoch keine nennenswerte Abnahme der TCDD/F-Konzentration über einen Zeitraum von 10 Jahren.

Photochemischer Abbau:
Oxidation mit OH-Radikalen in der Troposphäre mit einer HWZ ca. 50 Tagen.

Weiterhin direkter photochemischer Abbau unter Abspaltung eines Chloratoms. Im Sommer HWZ von 1-2 Tagen, im Winter rein rechnerische Werte von mehr als 100.000 Tagen.

10. Modernisierte MVAs:

Zur Inhibierung der Dioxinbildung in MVAs wurden Pilotanlagen entwickelt. Dabei werden Triethanolamin und Triethylamin bei 300 grad C oberhalb des Bildungsoptimums zum Rauchgas gedüst, was zu einer Reduktion der PCDD/F Fracht um 95 % führt [79] .

Folg. Tabelle zeigt die Ergebnisse einer Untersuchung europäischer Mausmüllverbrennungsanlagen aus dem Zeitraum von 1980-1982 [84] :

Tab. 10: Ergebnisse einer Untersuchung europäischer Mausmüllverbrennungsanlagen aus dem Zeitraum von 1980-1982:

__________________________________________
PCCD/F mg/t Muell mcg/qm
__________________________________________
TeCDD 0,0660 0,0093
PeCDD 0,5280 0,0754
HxCDD 0,9042 0,1292
HpCDD 0,9042 0,1292
OcCDD 0,2046 0,0292
TeCDF 0,3036 0,0433
PeCDF 0,6836 0,0977
HxCDF 1,0560 0,1508
HpCDF 0,7458 0,1066
OcCDF 0,0924 0,0132
__________________________________________
In modernen Anlagen sind die Emissionen von PCDD/F deutlich niedriger, was aber angesichts der Ultra-Toxicität und extremen Persistenz der Dioxine kein Grund sein dürfte, diese Werte als umweltverträglich zu bezeichnen. Für den Abbau im Boden ohne UV-Licht wurde eine HWZ von 150.000 - 200.000 Jahren bestimmt [9, III-3 Dioxine, S. 2] . Die Tabelle zeigt eine Gegenüberstellung der Dioxin-Emissionen und -Rückstände der MVA-FLötzersteig (Wien) vor und nach der Installation einer Rauchgasreinigung [85] , [86] :

Tab. 11: Gegenüberstellung der Dioxin-Emissionen und -Rückstände der MVA-FLötzersteig (Wien) vor und nach der Installation einer Rauchgasreinigung:

_______________________________________________________________
1983 1986
Spezies Reingas Flugasche Reingas Flugasche
(ng/qm) (ng/kg) (ng/qm) (ng/kg)
_______________________________________________________________
TeCDD 31,5 38,6 0,9 2,5
PeCDD 41,5 98,6 0,6 6,2
HxCDD 93,5 281,0 1,0 13,7
HpCDD 126,0 508,0 0,8 13,7
OcCDD 274,5 1234,6 0,7 15,8
_______________________________________________________________
Summe 567,0 2169,8 4,0 69,7
_______________________________________________________________
TeCDF 65,5 27,0 14,4 8,5
PeCDF 86,5 64,7 7,6 10,0
HxCDF 112,5 147,3 3,6 6,8
HpCDF 57,5 182,2 1,7 6,0
OcCDF 40,0 152,3 0,3 2,1
_______________________________________________________________
Summe 362,5 573,5 27,6 33,4
_______________________________________________________________

Ende Exkurs: Müllverbrennungsemissionen


2.3 Analytik der Dioxine

Wegen der großen Anzahl möglicher Isomere stellt die Analytik hohe Anforderungen an die Probenvorbereitung, Clean-Up und Trennleistung der hierbei eingesetzten chromatographischen Systeme. Die Indentifizierung und Quantifizierung selbst erfolgen unter Eisatz von 13-C-markierten authentischen Referenzstandards für die einzelnen Isomere mit Hilfe (z.T. hochauflösender) Massenspektroskopie. Ein allgemeines Probenaufbereitungs- und Analysenschema ist in [77, S. 61 - 89] angegeben. Die Resultate werden i.a. nicht für jedes einzelne Isomer, sondern als Summe, nach einem vom BGA (Bundesgesundheitsamt) und anderen internationalen Gremien zugrunde liegenden Schema angegeben. Hierzu dient das Konzept der sog. Toxicitätsäquivalente , das mit Internationalen Toxicitätsäquivalent-Faktoren (ITEFs) arbeitet.
Für 2,3,7,8-TCDD als der am besten untersuchten Leitsubstanz und dem giftigsten Isomer innerhalb der Dioxine wird nach diesem Konzept der Faktor mit 1 festgelegt. Die anderen Isomere werden entsprechend ihrer biologischen und toxicologischen Wirkung zur Potenz der Leitsubstanz (Potenz = 1) in Beziehung gesetzt. Auf diese Weise ist eine Berechnung des Dioxingesamtgehaltes möglich, indem jeweils der einzelne entsprechende Wert mit dem ITEF multipliziert wird und anschließend der Gesamtgehalt durch Aufsummierung ermittelt wird.
Es muß ausdrücklich darauf hingewiesenwerden, daß das Konzept der Toxicitätsäquivalente für rein toxicologisch-medizinische Risikoabschätzungen unakzeptabel ist, jedoch toxicologisch-administrativen Risikoabschätzungen dienlich ist.

Als Beispiel zur Berechnung des Gesamt-Dioxin/Furan-Gehaltes anhand des ITEF-Konzeptes diene hier Tab. 12:

Tab. 12: Internationale Toxizitätsäquivalente (ITEF) am Beispiel einer Frauenmilch [80] :

_______________________________________________________________
Verbindung Median ITEF Median x ITEF
[ng/kg] [ng/kg ITEF]
_______________________________________________________________
2,3,7,8-TCDD 3,4 1 3,4
2,3,4,7,8-PeCDF 20 0,5 10
1,2,3,7,8-PeCDD 14 0,5 7
2,3,7,8-TCDF 2,3 0,1 0,23
1,2,3,4,7,8-HxCDF 7,8 0,1 0,78
1,2,3,6,7,8-HxCDF 8,0 0,1 0,8
2,3,4,6,7,8-HxCDF 2,8 0,1 0,28
1,2,3,4,7,8-HxCDD 11 0,1 1,1
1,2,3,6,7,8-HxCDD 52 0,1 5,2
1,2,3,7,8,9-HxCDD 10 0,1 1,0
1,2,3,7,8-PeCDF 0,9 0,05 0,045
1,2,3,4,6,7,8-HpCDF 8,4 0,01 0,084
1,2,3,4,6,7,8-HpCDD 54 0,01 0,54
OCDF 0,5 0,001 0,0005
OCDD 302 0,001 0,302
_______________________________________________________________
Gesamt-Dioxin/Furane 31
_______________________________________________________________
Nachweisgrenze:
Mittlerweile konnte die Nachweisgrenze für Dioxine auf extrem niedrige Konzentrationen abgesenkt werden und beträgt 10 h(-12) - 10 h(-15) g/g Untersuchungssubstanz.

2.4 Toxikologie:

2.4.1 Wirkungsmechanismus der Dioxine

Der molekulare Mechanismus der Dioxin/Furan-Wirkung im Organismus ist bisher noch nicht vollständig aufgeklärt.

Als Hypothese dient ein Modell, daß von der Bindung des 2,3,7,8-p-TCDD an den sog. Ah-Rezeptor (AhR "Aromatic-hydrocarbon-Rezeptor") , der ein Rezeptor eines bestimmten Proteins (des sog. "h eat- s hock-protein hsp90") im Zellinneren (Cytosol) ist, ausgeht:

Abb. 9: Modell zum möglichen Wirkungsmechanismus von TCDD - die Bindung an den AhR-Rezeptor:

Erläuterungen zur Abb. 9:

Nach der Bindung des Dioxin-Molekels an das hsp90 dissoziiert der AhR ab, so daß ein Induktor-Rezeptor-Komplex aus dem Dioxin und dem abgespaltenen AhR des hsp90 entsteht.
Dieser Komplex wird aktiviert, in den Zellkern eingeschleust und bindet anschließend an bestimmte Stellen der nukleären DNA. Diese Haft-Stellen werden "Dioxin Responsive Elements" ("DRE"), "Xenobiotic Responsive Enhancer" ("XRE") oder "Aromatic Hydrocarbon Responsive Elements" ( "AhRE") genannt.

Die Bindung des AhR-Dioxin-Komplexes an die DNA des Zellkerns bewirkt die Expression verschiedener Gene, die zur Transkription von m-RNA führt, die in das Cytosol (Zellinnere) eingeschleust wird.
Der auf einer Aktivierung der Transkription beruhende Mechanismus wird als Enzyminduktion bezeichnet.

Die in das Cytosol eingebrachte m-RNA induziert die Synthese von Proteinen und verschiedener Cytochrom-P450 -abhängiger Monooxygenasen, die wiederum eine Vielzahl biochemischer Antworten nach sich zieht:

Eine Reihe von Effekten läßt sich aber nicht allein mit einer Bindung an den AhR erklären.

2.4.2 Akute Vergiftungssymptome durch Dioxine:

Die hohe akute Toxicität des 2,3,7,8-TCDD ist ein weiterer Hinweis für die besondere Gefährlichkeit des TCDD. Diese akute Giftigkeit wird nur noch von einigen Naturstoffen übertroffen: das Diphterie-Toxin ist beim Meerschweinchen dreimal, das Tetanus-Toxin ca. 10.000 mal und das Botulinus-Toxin A ca. 30.000 mal stärker toxisch als das TCDD. Charakteristisch für die akute Toxicität der Substanz beim Tier sind die großen Unterschiede zwischen den Werten der tödlichen Wirkung auf die einzelnen Tierarten. Die akute tödliche Dosis macht z.B. zwischen den Tierarten Meerschweinchen und Hamster den Faktor 10.000 (10 h3) aus. Die Ursachen dafür sind bisher unbekannt.

Die tödliche Dosis für Meerschweinchen liegt für 2,3,7,8-TCDD bei etwa 1 Mikrogramm (ca. 1 mcg). Für 2,3,7,8-TCDF, also dem entsprechenden Furan liegt der Wert ca. 10 mal höher (ca. 10 mcg). 1,2,3,7,8-PeCDD ist für Meerschweinchen ca. 3-fach, HxCDD 10-100fach und 1,2,3,4,6,7-HeCDD ca. 600fach schwächer wirksam als TCDD.

Tab. 13: Akute orale Toxicität von 2,3,7,8-TCDD bei Tieren [98]:

______________________________________________
Tierart LD(50)
[mcg/kg]
______________________________________________
Meerschweinchen 0,6 - 2,0
Ratte 25 - 60
Kueken 25 - 50
Rhesusaffe 70
Kaninchen 115
Maus 114 - 284
Beaglehund 200 - 300
Hamster 1157 - 5051
______________________________________________
Eine der biologischen Wirkungen des TCDD ist eine übermäßige Stimulation der Schilddrüse. Da beim Hamster die Schilddrüsenfunktion sehr niedrig ist, kann er höhere Dosen des Giftes vertragen. Die Schilddrüse des Meerschweinchens hingegen ist viel intensiver aktiv, was seine hohe Empfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff erklärt.

Da die Reaktivität der menschlichen Schilddrüse der der Ratte ähnlich ist, könnte der Mensch möglicherweise auf eine akute TCDD-Vergiftung mit ähnlichen LD50-Werten reagieren.

Daten zur Toxicität von Dioxinen im menschlichen Organismus liegen nur im begrenzten Umfang vor. Es existieren Untersuchungen an hochexponierten Kindern in Seveso sowie eine Morbiditätsstudie des US-Air Force Health Study.
Die Auswertung der Studien läßt den Schluß zu, daß ein Zusammenhang zwischen TCDD-Körperlast und erhöhtem Auftreten von Diabetes bzw. einer Veränderung des Fettstoffwechsels existiert. Als weiteres Charakteristikum der akuten Dioxin-Vergiftung gilt, daß der Tod erst nach einer Latenzperiode von einigen Wochen auftritt. Tiere nehmen weniger Futter auf und nehmen rasch ab. Es kommt zu einer Stoffwechselentgleisung mit Hypoinsulinämie (Verringerung der Insulinsekretion), Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) und Hypoglykämie (Verringerung des Zuckergehaltes im Blut).

2.4.3 Chronische Vergiftungssymptome durch Dioxine:

2.4.3.1 Fütterungsversuch bei Ratten:

Ein zweijähriger Fütterungsversuch bei Ratten mit einer Höchstdosis von 0,1 mcg/kg KG pro Tag ergab:

  1. Erhöhung der Sterblichkeit
  2. Körpergewichtsverlust trotz normaler Nahrungsaufnahme
  3. Veränderungen im Blutbild, Porphyrie
  4. Störung der Leberfunktion
  5. Störungen des Immunsystems
  6. Veränderungen an der Lunge und am Herz-Kreislaufsystem
Bei einer Dosis von

2.4.3.2 Fütterungsversuch an Rhesusaffen:

Fütterungsversuche an Rhesusaffen (0,5 mcg TCDD/kg KG pro Tag) ergaben folg. Ergebnisse:
  1. In den ersten drei Monaten: Akne, Haarausfall, Ödeme. Danach innere Blutungen und Thrombocytenverarmung
  2. 5 Tiere starben wegen Störung der Blutbildung
  3. Degenerative Leberveränderungen
  4. Gewichtsverlust
  5. Atrophie der Thymusdrüse und des gesamten lymphatischen Gewebes

2.4.3.3 Zusammenfassung der Fütterungsversuche:

Zusammenfassend kann man sagen, daß
  1. die Gewichtsabnahme sowie
  2. Effekte auf das Gewicht der Thymusdrüse
die beiden besten Beurteilungsparameter zur Einschätzung einer chronischen Vergiftung mit Dioxinen darstellen.

2.4.3.4 Klinische chronische TCDD-Intoxikation beim Menschen [99]:

2.4.3.4.1. Wirkungen auf die Haut:

2.4.3.4.2. Systemische Wirkungen

2.4.3.4.3. Neurologische Störungen

2.4.3.4.4. Psychatrische Störungen

2.4.4 Karzinogenität der Dioxine:

Der Frage nach der humantoxischen, insbesondere der carcinogenen Wirkung des TCDD wurde in drei großen Studien nachgegangen:

Studie 1: Die Sterblichkeit durch Krebserkrankungen von 5172 Beschäftigten aus zwölf Chlorphenol-produzierenden Betrieben wurde rückblickend für den Zeitraum 1942-1984 untersucht. Der 2,3,7,8-p-TCDD-Gehalt im Serum einer Teilgruppe von 254 ArbeiterInnen betrug im Mittel 230 ng/kg Fett. Die Exposition lag 15-37 Jahre zurück:

Studie 2: Studie an 1583 MitarbeiterInnen eines Trichlorphenol- und 2,4,5-T (Trichlorphenoxyessigsäure)-produzierenden Betriebes (2,3,7,8-p-TCDD-Gehalt bei 121 Personen 162 ng/kg Blut-Fett): Studie 3: Studie an 247 MitarbeiterInnen, die 1953 infolge einer unkontrollierten thermischen Zersetzung von 2,4,5-Trichlorphenol mit 2,3,7,8-p-TCDD verseucht waren: Neben der Karzinogenität der Dioxine existieren ferner Hinweise auf reproduktionstoxische und immuntoxische Wirkungen .

Die Minimale Dosis einer immuntoxischen Wirkung beträgt täglich 50-100 ng 2,3,7,8-p-TCDD/kg KG über einen Zeitraum von 30 Tagen.

2.5 Physikalisch-chemische Eigenschaften:

Tab. 14:

________________________________________________________________________________
Stoffeigenschaft 2,3,7,8-TCDD OCDD
________________________________________________________________________________
Dampfdruck [Pa]:
(bei 20 grad C) 9,6 x 10h(-8) 1,1 x 10h(-10)
(bei 50 grad C) 9,5 x 10h(-8) 1,3 x 10h(-8)
(bei 100 grad C) 4,6 x 10h(-3) 2,4 x 10h(-5)

Loeslichkeit in Wasser (20 grad C) [ng/L]: 200 0,4

Transferkonstante
Wasser-Luft K(V) [1/d] 2,8-9,3 x 10h(-3) 2,4-7,8 x 10h(-3)

t(1/2) fuer Transfer Wasser-Luft [d] 75-250 90-300
________________________________________________________________________________

2.6 Risikobewertung der Dioxine:

2.6.1 Die tägliche Aufnahme von Dioxinen durch die Medien Nahrung und Luft

Die duldbare tägliche Aufnahme von Dioxinen durch die Medien Nahrung und Luft wird z.Z. kontrovers diskutiert. Es existieren sowohl rechtlich unverbindliche Richtwerte (Tab. 15, s.u. ) als auch ausgehandelte Kompromisse beteiligter Institutionen mit Verbindlichkeitswert, d. h. "Grenzwerte". (Tab. 17, s.u. ).

Es gibt keine solide wissenschaftliche Grundlage für die Aufstellung von "Faktoren" zur Beurteilung einer möglichen chronischen Toxicität durch Einwirkung minimaler Dosen der Ultragifte vom Dioxintyp, insbesondere wenn solche Faktoren sich auf Daten zur akuten Toxictät oder auf Rezeptor-Bildungsstudien stützen. Derartige Faktoren können lediglich als grober Anhaltspunkt oder für adminitrative Zwecke dienen!

2.6.1.1 Richtwerte zur duldbaren Dioxinaufnahme in den menschlichen Organismus

Tab. 15: Richtwerte einiger renommierter Institutionen zur duldbaren Dioxinaufnahme in den menschlichen Organismus:

____________________________________________________
Institution pg/kg KG/Tag
____________________________________________________
EPA (USA) 0,006
Center of Desease Control (USA) 0,03-1,4
FDA (USA) 0,06
BGA (BRD) 1-10
Niederlaendische Behoerde 4
Kanadische Behoerde 10
____________________________________________________

2.6.1.2 Einige grobe Abschätzungen der täglichen Dioxinaufnahme in den menschlichen Organismus:

Berechnungen nach D.Neubert [100] ergeben bei einer früher angenommenen biologischen Halbwertszeit von 6 Jahren und einem Kumulationsfaktor von 3200 die sehr grobe Schätzung der täglichen Aufnahme [TCDD/kg KG] von

Hierbei dienen die bisher überhaupt veröffentlichten Informationen über Dioxin-Belastungen als Datenbasis.

Die theoretisch berechnete Aufnahme durch die Nahrung über die Hauptaufnahmequelle von Dioxinen, den tierischen Fetten, ergibt bei einer Aufnahme von 100 g Fett:

Aufnahmepfad von Dioxinen über die Nahrung: 2 bis 20 pg TCDD-Äquivalente/kg KG pro Tag.

Die Aufnahme von Dioxinen über das Medium Luft, vor allem über Innenraumverunreinigungen liegt bei unbelasteteter Luft bei weniger als 1 pg/qm und bei belasteter Luft bei 2,5 pg/qm TCDD-ITEFs. Unter der Annahme eines Atemvolumens von 10 qm Luft pro Tag errechnet sich hieraus eine tägliche Aufnahme von:

Aufnahmepfad von Dioxinen über die Luft 0,4 pg TCDD-Äquivalente/kg KG pro Tag.

Dieser Wert ist verglichen mit dem Wert der Aufnahme aus der Nahrung relativ gering.

2.6.1.3 Analysen und Grenzwerte

Analysen von tierischen Nahrungsmitteln nach [101] zeigt Tab. 16:

Tab. 16: Dioxine in tierischen Nahrungsmitteln

____________________________________________________
Tierisches gemessene
Nahrungsmittel: Werte:
______________________
reines Summe ITEFs
TCDD PCDD + PCDFs
[pg] [pg]
____________________________________________________
100 g Fleisch/Wurst
(25 % Fett i.T.) 0,75 7,5

100 g Fisch
(30 % Fett i.T.) 141 1410
(20 % Fett i.T.) 94 940

1 Liter Trinkmilch
(3,5 % Fett) 60 350

100 g Kaese
(40 % Fett) 66 400

20 g Butter
(85 % Fett) 28 170
____________________________________________________
Die bisher ausgehandelten Grenzwerte einiger Institutionen zeigt Tabelle 17:

Tab. 17: Grenzwerte für die tägliche Gesamtaufnahme an Dioxinen:

_____________________________________________________________________________________
Betroffene bisher zulaessig vorlaeufig duldbar anzustreben
Gruppe nach UBA nach Prof. Wassermann nach EPA
u.a. Dioxin-Forschern
____________________________________________________________________________________
reines Summe ITEFs reines Summe ITEFs reines Summe ITEFs
TCDD PCDD + PCDFs TCDD PCDD + PCDFs TCDD PCDD + PCDFs
[pg] [pg] [pg] [pg] [pg] [pg]
_____________________________________________________________________________________
Kleinkind
(Gewicht: 10 kg) 10 100 1 10 0,1 1

Schulkind
(Gewicht: 20 kg) 20 200 2 20 0,2 2

Erwachsener
Mann
(Gewicht: 70 kg) 70 700 7 70 0,7 7

Erwachsene
Frau
(Gewicht: 60 kg) 60 600 6 60 0,6 6
_____________________________________________________________________________________


2.6.2 Vorläufige Ergebnisse einer Fachtagung des BGA und UBA zur gesundheitlichen und umweltbezogenen Bewertung von Dioxinen (am 17. und 18.1.1990):

Die Ergebnisse einer Tagung des BGA und UBA zur gesundheitlichen und umweltbezogenen Bewertung von Dioxinen lassen sich in Form einiger Punkte festhalten:
  1. Die neueren Meßdaten zur Belastungen von Lebensmitteln zeigen keine gesundheitliche Gefährdungen.
  2. Die Belastungen von Muttermilch weisen Werte auf, bei denen der erforderliche Sicherheitsabstand zu einer bedenklichen Dosis nicht gewährleistet ist, wie er für andere Schadstoffe gefordert wird. Daraus ergibt sich die Forderung, die Emissionen von Dioxinen und Furanen in die Umwelt und damit in die Nahrungskette zu minimieren. Die Erfüllung dieser Forderung ist allerdings nicht zu erwarten.
  3. Die bisher (1985) als duldbar angenommene tägliche Aufnahmemenge von 1 - 10 pg/kg KG Dioxin-Äquivalente muß aufgrund neuerer Erkenntnise in Frage gestellt werden. Die Belastung sollte auf unter 1 pg gesenkt werden. Die gegenwärtige durchschnittliche Grundbelastung in der BRD ist nach der Anhörung mit 1 bis 2 pg/kg KG pro Tag anzunehmen.
  4. Dioxinanalytik ist wichtig, aber aufwendig und teuer, die Kapazitäten sind begrenzt. Eine wichtige Aufgabe dürfte darin bestehen, Dioxinuntersuchungen in der BRD zu koordinieren und erfolgte Ergebnisse regelmäßig auszutauschen.
  5. Produkte, die Chlor enthalten, können bei der Verbrennung Dioxine und Furane freisetzen. Einer der wichtigsten Expositionspfade in Nahrung und Umwelt ist die Produktion und Entsorgung von chlororganischen Stoffen. Es muß an die betroffenen Industrie appelliert werden, die gesamte Chlorchemie drastisch zu reduzieren und auf sanfte Technologien umzusteigen. Primäre Quelle in der Industrie sind bestimmte Zusätze zu verbleitem Benzin und die Produktion bzw. Verbrennung von PVC (Polyvinylchlorid).
  6. Der Verbraucher kann wesentlich zur Verringerung der Dioxinbelastung beitragen, indem er durch gezielten Kauf auf chlorhaltige Produkte verzichtet. Vorraussetzung ist eine intensive Aufklärung über die Produkte, bei deren Herstellung oder Entsorgung Dioxine entstehen. Es wird über eine entsprechende Kennzeichnungsvorschrift nachgedacht.
  7. Die in der Anhörung befragten Wissenschaftler waren sich einig, daß die Belastung durch Dioxine in der Umwelt der Industriestaaten zu hoch ist. Die Verwendung halogenhaltiger Produkte aus industrieller Tätigkeit haben zu einer Grundbelastung geführt, die z.T. an einzelnen Standorten extrem ist. Zur Vermeidung eines Eintrages in die Nahrungskette sollen verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, z.B. je nach Belastung Anbauempfehlungen, Flächenumwidmungen, Nutzungsbeschränkungen oder als letzten Schritt Dekontaminations-Maßnahmen.
  8. Es muß sichergestellt werden, daß sich die weiträumige Verteilung der Dioxine in die Umwelt nicht noch weiter erhöht.Die Belastung für Mensch und Tier läßt sich nur vermindern, wenn weitere Maßnahmen ergriffen werden, die folg. Bereiche betreffen:

Weitere Verursacherbereiche sind wenig wahrscheinlich. Die Suche nach Innenraumquellen ist erheblich zu verstärken
  1. Der vom Bundesumweltminister genannte Grenzwert für Müllverbrennung von 0,1 ng/qm Luft Dioxinäquivalente hat breite Zustimmung gefunden. An diesem Werte haben sich andere Emisionsminderungsmaßnahmen zu orientieren. BGA und UBA werden nunmehr aufgrund der vorgetragenen wissenschaftlichen Erkenntnisse Minimierungstrategien erarbeiten, die von allgemeinen Empfehlungen bis zu ordnungsrechtlichen Eingriffen reichen.

3. Formaldehyd

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Letzte Aktualisierung:  12/1995