3. Formaldehyd (HCOH)


Inhaltsangabe:

3.1 Allgemeines:

Wird seit ca. 100 Jahren technisch hergestellt. Findet Anwendung als Ausgangstoff für Harze, als Bindemittel für die Herstellung von Holzwerkstoffen (Presspanplatten), als Textilhilfsmittel, als Desinfektions- und Konservierungsmittel, als Rohstoff für Arzneimittel und Sprengstoffe usw...
Im Rohzustand ist es ein farbloses, stechend riechendes Gas. Die wässrige Lösung heißt Formalin.

Produktionsmenge in der Welt (1988): < 10 Mio. t.
Produktionsmenge in der BRD (1988): 500.000 t.

Steht im Verdacht, Krebs zu erregen. Verdacht auf allergene Wirkung. Mutagene Wirkung.

Zulässige Höchstkonzentrationen:

Sehr gut brennbar; mit Luft explosive Gemische. Entsteht bei allen unvollständigen Verbrennungsprozessen. Ist auch in Zigarettenrauch vorhanden. Entsteht beim photochemischen Abbau organischer Spurenstoffe in der Luft. Reagiert allerdings ziemlich rasch mit Bestandteilen der Luft.
Erhebliche Emmissionen gelangen durch Verbrennungsprozesse (vor allem Kraftfahrzeuge) in die Atmosphäre. Es folgen die Spanplattenproduktion und Holzkleinfeuerungsanlagen. Die Industrieabgase spielen dem gegenüber eine unbedeutende Rolle, können aber lokal erhebliche Immissionen verursachen.

3.2 Toxikologie:

Reizgas; greift die Schleimhäute an. 90 - 100 % werden beim Einatmen resorbiert, also nicht abgeatmet. Der größte Teil wird in den oberen Atemwegen verstoffwechselt. Abbau im Körper zu Wasser und Kohlendioxid.
Eines der wirksamsten Mutagene durch direkte Wirkung auf die Nucleoproteide und Blockade der Aminogruppen in den Proteinen der Gene. Zählt neben Nickel, Chromat, Thiocyanaten und den Epoxidharzen zu den häufigsten Berufsallergenen. Außerdem ist es stark irritativ und bei Dauerexposition nervenschädigend. Es ist nicht bekannt, um welche biologischen Vorgänge es sich letztendlich bei Störungen des ZNS durch Formaldehyd handelt.

***Wirkungsmechanismus: Formaldehyd beeinflußt durch eine direkte Freisetzung von Entzündungsmediatoren das Immunsystem. Schon bei niedriegen Konzentrationen (ab 10 ng/L) bewirkt es eine konzentrationsabhängige Histaminausschüttung aus Rattenmastzellen. Histamin ist ein Gewebshormon, das aus der Aminosäure Histidin gebildet wird und eine Verstärkung der Magensekretion, aber auch Gefäßerweiterungen bewirkt. Bewirkt Reduktion der Mitoseinzidens von Lymphocyten. Die Mitose-Leistung normalisiert sich auch nach Aufenthalt an frischer Luft erst nach 14 Tagen.

Die neurotoxische Wirkung wird z. Z. diskutiert . Es werden verschiedene Modelle vorgeschlagen [9, III - 3, S. 6] :

Möglichkeit der systemischen Formaldehyallergie bei Langzeitexposition schon durch minimale Mengen. Der exponierte Patient imponiert durch Symptome, die stark an eine psychische Krankheit erinnern.

3.2.1 Nachweis:

Nachweis durch die Konzentration an Ameisensäure im Blut, die aber nur während der Expositionszeit sinnvoll ist, da Ameisensäure im Körper schnell abgebaut wird.

Ameisensäure -Grenzwertvergiftung: 15 mg/L Spontanurin.

Besserer Nachweis durch Bestimmung des Wirkstoffes im Giftmilieu mittels Drägerröhrchen. Die Empfindlichkeit der Röhrchen läßt sich durch Erhöhung der Hubzahl verbessern. Dabei sollte die Luftfeuchtigkeit notiert werden, um Vergleichswerte anstellen zu können. Der Raum darf vor der Messung 24 h nicht gelüftet worden sein.

Synergismus mit Dimethyldioxan und mit Phenolen.

3.3 Akute Vergiftungssymptome:

ppm Formaldehyd  Symptome
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< 0,05: Systemische Allergie
0,05 - 1,00: Geruchsschwelle
0,01 - 1,60: Schwelle für Reizung der Augen<
0,08 - 1,60: Augen und Nase gereizt
0,50: Schwelle für Reizung der Kehle
2,0 - 3,0: Stechen in Nase, Augen und hinterem Pharynx
4,0 - 5,0: für 30 min. erträglich; zunehmendes Unbehagen und
Tränenfluß
10,0 - 20,0: nach wenigen min. Starker Tränenfluß, bis 1 Std.
nach Exposition anhaltend; sofort Dyspnoe (Atemnot),
Husten, Brennen in Nase und Kehle
30,0: Lebensgefahr
_____________________________________________________________________________

3.4 Chronische Vergiftungssymptome:

-Akne                             -Hustenanfälle
-Allergien -Konzentrationsschwäche
-Antriebsverlust -Kopfschmerzen
-Appetitmangel -Kratzen im Hals
-Asthma -Krebs der Atemwege
-Augenschmerzen -Lymphknotenschwellung
-Blasenleiden -Müdigkeit
-Brechreiz -Mundtrockenheit
-Bronchitis -Nervosität
-Depression -Nierenerkrankungen
-Durchfall -Ohrenentzündung
-Ekzem -Reizbarkeit
-Erbrechen -Schlafstörungen
-Erkaeltung, gehaeuft -Schleimhautreizungen
-Furunkel -Schnupfen
-Gedaechtnisstoerungen -Schwäche
-Gewichtsverlust -Schwindel
-Haarausfall -Tetanie
-Halschmerzen -Übelkeit
-Hautreizungen -Verhaltenstörungen
-Warzen im Nasenbereich

3.5 Physikalisch-Chemische Eigenschaften:

Allgemeine Eigenschaften:
stechend riechendes, farbloses Gas

rel. Molekülmasse: 30,05
Schmelzpunkt [Grad C]: - 92
Siedepunkt [Grad C]: -21
Dampfdruck (20 Grad C) [hPa]: --
Sättigungsdampfdichte: ?
Löslichkeit in Wasser (20 Grad C) [g/L]: unbegrenzt

3.6 Grenzwerte:

MAK: K III B

TRK-Werte:

[mL/cbm]     [mg/cbm]       Stoff:              Bemerkungen:
_______________________________________________________________
0,5 0,6 HCOH S, F, K III B

Spitzenbegrenzung: I
_______________________________________________________________
LD50: 800 mg/kg (Ratte)

MIK:

0,02 ppm = 20,0 ppb (0,024 mg/cbm) (Dauerexposition)
0,06 ppm = 60,0 ppb (0,072 mg/cbm) (Kurzzeitexposition)
Immissionssituation (BRD):
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ueber dem Meer: bis 5 ppb
Nordseekueste: 0,1 - 7,0 ppb
Grossstadtluft: 2,0 - 11,0 ppb
Nahbereich von Spanplattenwerken: 150 ppb

Richtwert des Bundesgesundheitsamtes für die Innenraumluft: 0,1 ppm
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3.7 Therapie (Anwendungsbeschränkung):

3.8 Empfehlungen:

3.9 Literatur:

[9] M. Daunderer: Umweltgifte; Kompendium der klinischen Toxikologie; Teil 3, Band 13. ecomed Verlagsgesellschaft, München 1990
[12] R. Machholz, H.J. Lewerenz (Hrsg.): Lebensmitteltoxikologie. Springer-Verlag, Berlin 1989
[37] K.H. Kilburn, R.Warshsaw: Formaldehyd impairs memory equilibrium and dexterity in histology technicians: effects which persists for days after exposure. Arch. environ. H. (1987); 42: 117-120
[38] J. Keyani, E. Keyani: ERP study of the effect of of fformate on cytochrome C oxidase. Biochem. Biophys. Res. Commun. 92 (1980) 327-333
[39] W.H. Hallenbeck, K.H. Cunningham-Burns: Pesticides and human Health (1985) 63-64. Springer-Verlag, New-York/Berlin

4. Holzschutzmittel (HSM): Einleitung

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Letzte Aktualisierung:  12/1995