Letzte Änderung:
23. Juli 2002
Anmerkung:
Die Erstellung des Informationssystems erfolgte anfänglich (seit ca. Dezember 1993) im Rahmen einer mehrjährigen Projektarbeit im Wissenschaftsladen Dortmund e. V. und wurde durch staatliche Fördermittel und Spendenbeiträge mitfinanziert
Alle seit Ende Dezember 1995 erstellten Informationen erfolgten ohne fremde finanzielle Förderung und wurden ausschließlich durch eigene Mittel und persönlich motivierten Einsatz erarbeitet.
Unter "persönlich motiviert" fasse ich meinen inneren Handlungsantrieb, der durch Identifikation mit wissenschaftlichen und innovativen Erkenntnisformen nach akzeptablen Ausdrucksmöglichkeiten sucht.
Inhaltsübersicht:
A) Giftinteraktionen
B) Umweltgifte, Abfall, Abwässer, Abfallverbrennung und Politik
C) Einzelne Umweltgifte
Abgeschlossen zu:
Letzte Aktualisierung am:1. Amalgame 100 %
12.1995
2. Dioxine
100 %
12.1995
3. Formaldehyd 100 %
12.1995
4. Holzschutzmittel (HSM), (Pestizide) 4.1 Einleitung und Übersicht
4.2 Anorganische Salze
4.3 Fungizide
4.4 Insektizide
4.5 Teeröle ("Carbolineen")
100 %
12.1995
5. Schwermetalle (Blei, Chrom, Nickel, etc.) ca. 10 % NEU!
07.2002
6. Lösemittel 0 %
--
7. PCB (Polychlorierte Biphenyle)
ca. 5 % 01.1996
8. Asbest 0 %
--
9. Elektrosmog (gesundheitsschädliche Strahlungen und Felder)
0 %
--
10. Radioaktivität 0 %
--
11. Ozon 0 %
--
12. Drogen
0 %
--
A) Giftinteraktionen
90 % seiner Lebenszeit verbringt der Mensch in geschlossenen Räumen, die bis zum Faktor 10.000 stärker mit Schadstoffen belastet sein können, als die (an sich schon stark belastete) Stadtluft.
Nicht die Einzelbelastung durch einen einzelnen Schadstoff ist wirklich gefährlich, sondern erst das Zusammenwirken (Synergismus) vieler Belastungen erzeugt ein schwer einzuschätzendes Lebensrisiko.
Krankheiten durch chronische Umweltvergiftungen brauchen in der Regel mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte, um sich so weit zu entwickeln, dass der Einzelne auch ein subjektives Gefühl von Krankheit empfindet. Meist sind in diesem Spätstadium echte Heilungschancen gering. Hierin liegt die besondere Heimtücke und Problematik der Einwirkung von Umweltgiften auf den Menschen.
Umweltgifte wirken im Alltag häufig synergistisch, d. h. sie verstärken sich gegenseitig in ihrer Wirkung auf das Immun- und Nervensystem. Besonders intensiv ist dieser Synergismus, wenn die Einwirkung am gleichen physiologischen Angriffspunkt erfolgt, wie das z. B. bei
- Blei (Pb) und Quecksilber (Hg)
- Pentachlorphenol (PCP) und Dioxinen
Polychlorierten Biphenylen (PCB, Dioxin-Kongener ) und anderen "Dioxinen"
Pyrethroiden (Pestizid) und Lösemittelnder Fall ist.
- Alkohol fördert übrigens auch in kleinen Mengen die Aufnahme und Speicherung fettlöslicher Gifte!
Abb. 1 veranschaulicht die interaktive Wirkung der wichtigsten Umweltgifte:
- Rauchen (auch passiv) verstärkt jede Giftwirkung immens!
Weiterhin:
- Ethanol verstärkt die leberschädigende Wirkung chlorierter Kohlenwasserstoffe; die synergistische Wirkung ist besonders groß bei sehr geringen Mengen an Ethanol zusammen mit Tetrachlorkohlenstoff (wird trotz hoher Toxizität immer noch als industrieller Fettlöser benutzt)
- Dramatische Synergie-Effekte mit induzierter Leberschädigung ergeben sich bei Kombination aus Ethanol, Tetrachlorkohlenstoff und Pyrazol (Inhaltsstoff einiger Schmerzmittel, z. B. Pyramidon)
- Kohlenhydratarme Ernährung verstärkt den Synergismus von Ethanol und CKW (Chlorkohlenwassertstoffe). Fettarme hingegen nicht.
- Synergistische Wirkungen gibt es insbesondere auch bei Aceton zusammen mit anderen Ketonen. Die Wirkungsverstärkung steigt dabei mit zunehmender Kettenlänge der Ketone an, z. B. (Wirkungsverstärkung von): Aceton < MEK (Methylethylketon) < MIBK (Methylisobuthylketon).
- Dieser Effekt existiert bei Alkohol offenbar nicht. Obwohl die Wirkungsverstärkung von Ethanol zusammen mit Isopropanol erheblich ist, ist sie zusammen mit höherkettigen Alkoholen (z. B. mit Butanolen) kaum noch vorhanden.
B) Umweltgifte, Abfall, Abwässer, Abfallverbrennung und Politik
Quellen der Umweltgifte:
Die Quellen der Umweltgifte sind in einzelne Sparten aufteilbar, wovon hier die wichtigsten aufgezählt seien (Tab. 1). Anhand der SO(2)- (Schwefeldioxid-) Daten werden prozentuale Verteilungen der Schadstoffemissionen dargestellt, womit eine Prioritäten-Rangfolge der Verursacher von Umweltschäden erzeugt werden soll [45]Tab.1: SO(2)-Emissionen verschiedener Sparten (in %, BRD):
Sektoren |
1978
[%] |
1982
|
1986
|
1995 |
Prozesse Energieverbrauch (gesamt) Strassenverkehr uebriger Verkehr (Land-, Forst-, Bauwirschaft, Militär-, Schienen- Wasser-, Luftverkehr) Haushalte Kleinverbraucher Industrie (Bergbau, verarbeitendes Gewerbe) Eisen und Stahl Steine und Erden Chemische Industrie Prozesse ohne Feuerung: - Schwefelsaeure (gesamt) - Titandioxid Prozesse mit Feuerung: - Raffinerien, Kokerein, Brikettfabrikation - Rohkupfer, Blei, Zink, Zucker Kraft- und Fernheizwerke Naturfaserverarbeitung (Zellstoffaufbereitung) |
3,4 96,6 2,3 1,4 8,0 5,0 15,6 2,5 1,3 0,50 0,14 7,8 1,0 56,5 0,11 |
3,7 96,3 2,2 1,3 5,2 3,9 14,4 1,7 1,2 0,60 0,15 7,4 1,1 61,9 0,14 |
4,6 95,4 2,9 1,9 6,1 4,6 13,2 1,6 1,1 0,80 0,18 5,9 0,8 60,8 0,13 |
7,9 92,1 7,3 3,2 9,6 6,5 14,8 -- -- -- -- 14,4 -- 36,2 -- |
in Mt/a
(gesamt) |
3,4 |
2,9 |
2,2 |
1,0 |
Innerhalb der Sparte "Chemische Industrie" lassen sich weitere Untersparten bestimmen, die unterschiedlich hohe Produktionswerte besitzen. Der Gesamtproduktionswert stieg von 1979 bis 1988 von 98,7 auf 146,0 Milliarden DM an.
Der prozentuale Anteil der Produktionswerte setzt sich wie folgt zusammen [44] :Tab. 2: Sparten der Chemischen Industrie (Produktionswerte):
_____________________________________________________________________ Produktionswerte Sparte der Chemischen Ind. 1979 [%] 1988 [%] _____________________________________________________________________ Anorganika 7,4 7,1 Organika 20,5 17,5 Düngemittel 3,2 1,4 Kunststoffe 15,8 17,2 Chemieefasern 4,2 3,5 Lacke 4,3 4,2 Seifen- und Waschmittel 3,5 3,1 Koeperpflegemittel 4,2 4,6 Pharmazeutika 14,2 15,8 TEWEGA (Textil-,Gerb-, Waschrohstoffe) 1,5 2,4 Mineralfarben 3,3 3,6 Pflanzenschutzmittel 2,1 2,2 Photochemie 1,5 1,8 Bautenschutzmittel, Dachbahnen 1,3 1,5 Klebstoffe 1,0 1,2 Sonstige 12,0 12,8 ______________________________________________________________________ gesamt 98,7 Mrd. DM 146,0 Mrd. DM ______________________________________________________________________
Abfall- und Abwasserwirtschaft
1. Abfälle
Abfälle werden unterteilt in Müll und Sonderabfälle, deren Anteile sich wie folgt zusammensetzen :Tab. 3: Müll und Sonderabfälle nach Sparten sortiert (1980):
________________________________________________________________________ Abfaelle (1980) Mio. t Gew.-% ________________________________________________________________________ Muell (Hausmuell, Sperrmuell, Strassenkehricht) 25-29 5 Sondermuell (gesamt); 500,0 95 darunter faellt: - Kommunaler Klaerschlamm 52.6 10 - Produktionsspezifische Abfaelle 52,6 10 - Abfaelle aus Bergbau 78.9 15 - Inertes Material (Bauschutt und Abraum) 126,2 24 - Abfaelle der Landwirtschaft 189,4 36 ________________________________________________________________________
Es fällt auf, daß der Terminus des sog. "Mülls", der umgangssprachlich vorwiegend nur als Hausmüll verstanden wird, realiter nur einen geringen Bruchteil des produzierten Abfalls ausmacht.Die 25 Mio. t Müll, die 1983 gesammelt wurden, bestanden aus
Dieser Gesamtmüll hatte die folgende Zusammensetzung [10] :
- 60 % Hausmüll
- 8,8 % Sperrmüll und
- 31,2 % Geschäftsmüll.
organische Abfaelle 42,3 % Papier und Pappe 20,0 Kunststoffe 7,6 Glas 11,6 Asche und Mineralstoffe 3,9 Metalle 3,9 sonstige 3,1
Verwertung des Mülls:Bundesweit wurden von diesem Müll
1,1 Mio. t separat gesammelte Altstoffe wie Glas und Altpapier wurden wiederverwertet und sind daher in der Statistik nicht enthalten. Inert- und Industriematerialien werden nahezu vollständig, produktionsspezifische und gefährliche Abfälle sowie Klärschlämme überwiegend deponiert. Der Rest wird im allgemeinen verbrannt. Darunter fallen auch Krankenhausabfälle, Tierkadaver und ähnliches hygienisch kritisches Material.
- 67,6 % deponiert
- 30,0 % verbrannt und
- lediglich 2,4 % kompostiert.
Eine sehr hohe Recyclingrate (> 95 %) besitzen Altöl, Autoreifen und Autowracks sowie Abfälle der Landwirtschaft.
Abfälle der Landwirtschaft:
Die Abfälle der Landwirtschaft bilden mit 190 Mio. t bzw. 36,1 % Massenanteil die größte Einzelfraktion des Gesamtmüllaufkommens. Andere Autoren berichten von 260 Mio. t, wovon ca. 200 Mio. t tierische Exkremente sein sollen [46] . 95 % dieser Abfälle werden im landwirtschaftlichen Betrieb als Dünger und Futtermittel in den Stoffkreislauf zurückgeführt.
Da bisher eine ungenügende Erforschung des optimalen Nährstoffbedarfs erfolgt ist, fehlen dem Landwirt oft die Möglichkeiten zur Feststellung des in jeder Hinsicht optimalen Düngemitteleinsatzes. Dem Schutz des Grundwassers vor einer Überlastung durch Nitrate würde eine bessere Schulung der Landwirte und eine verstärkte Kontrolle der einzuhaltenden Grenzwerte sehr zu Gute kommen.
Bei der Verwendung von Gülle ist in den letzten Jahren eine erhebliche Auswirkung auf die Grundwasserqualität beobachtet worden. Insbesondere wird der negative Effekt des Gülleeintrages auf das Grundwasser im Winter beobachtet.
Der EG-Grenzwert von 50 ppm Nitrat im Trinkwasser wird in intensiv landwirtschaftlich genutzten Gebieten in der BRD vielfach (vor allem in Bayern) überschritten.2 Abwässer:
Abwässer verursachen an kritischen Stoffen vor allem Klärschlamm. Gegenwärtig betragen die Klärschlamm-Mengen ca. 50 Mio. cbm/a. Hiervon werden 3 % kompostiert und 29 % in der Landwirtschaft verwendet, d. h. insgesamt ca. 1/3 wiederverwertet. Der Rest wird direkt abgelagert (59 %) oder verbrannt (9 %), d. h. 2/3 wird nicht wiederverwertet.
Abfallverbrennung (siehe hierzu in 2. Dioxine: Teil 1, Exkurs: Müllverbrennungsemissionen)
Gegenwärtig werden in der BRD ca. 30 % der Abfälle verbrannt (in Bayern ca. 50 %). Der Vorteil dieser Technologie besteht offensichtlich in der signifikanten Volumen- bzw. Massenverminderung von brennbaren Stoffen. Die Verbrennungsrückstände besitzen nur noch 10 % des Volumens und 30 % der Masse des Rohabfalls. Bei der Verbrennung entstehen zahlreiche Schadstoffe, die z. gr. T. in die Atmosphäre entlassen werden. Es entstehen in den Rauchgasen hauptsächlichTab. 4: Metallkonzentrationen im Flugstaub einer MüllverbrennungsanlageNur NOX, CO und org. Verb. sind in ihrer emittierten Menge durch feuerungstechnische Massnahmen beeinflussbar.
- HCl (Chlorwasserstoff)
- HF (Fluorwasserstoff)
- SO2 (Schwefeldioxid)
- NOX (Stickoxide)
- CO (Kohlenmonoxid)
- CnH m (organische Kohlenwasserstoffe) und
- Schwermetalle (Blei, Cadmium, Quecksilber, Chrom, Arsen, etc.).
Folg. Metallkonzentrationen wurden im Flugstaub einer Müllverbrennungsanlage (10 Proben, mittlerer Reingasstaubgehalt 88 mg/cbm) bestimmt [10, S. 136] :
________________________________________________________________________ Staubbestandteile Konzentration [mg/cbm] ________________________________________________________________________ Aluminium 12,056 Zink 3,080 Blei 1,760 Kupfer 0,185 Zinn 0,167 Cadmium 0,071 Chrom 0,044 Quecksilber 0,001 _________________________________________________________________________
Bei der Müllverbrennung entsteh u. a. auch das Supergift Dioxin , das gesondert behandelt werden.
Politische Konsequenzen
- Die innewohnende Dynamik und Komplexität unserer Zivilisation erzeugt immer aufwendigere Technologien, um den Stoffwechsel mit der Natur aufrecht zu erhalten. Die dabei anfallenden Konsequenzen erzeugen Probleme, deren Lösungen erneut noch komplexere Technologien auf den Plan rufen, die wiederum noch komplexere Probleme verursachen, usw.. Ein Ausweg aus diesem Dilemma scheint kaum sichtbar. Resultat ist eine zunehmend vergiftete Ökosphäre, deren toxische Wirkstoffe, selbst wenn sie nicht den Menschen direkt vergiften sollten, über die Nahrungskette letztendlich doch in den menschlichen Organismus gelangen.
- Umweltgifte gelangen in kleinen Dosen, aber lebenslang in den menschlichen Körper, unterliegen also der Logik der chronischen Vergiftungen. Die Biologie lebender Zellen sorgt für Entgiftungsmechanismen, die aber bei zu starker Exposition oder extremer Wirkungsintensität (Stichwort "Dioxine" ) nicht mehr ausreichen, um erfolgreich zu sein.
- Bereits als Fötus im Leib der Mutter kann der Prozeß der chronischen Vergiftung beginnen. Mit der Alterung des Organismus, die durch Umweltgifte beschleunigt wird, setzen nach einer langen Latenzperiode die Organschäden ein. Jedes einzelne Gift für sich hat seinen speziellen Angriffspunkt und schädigt spezielle Organfunktionen (Tab. 5).
Wirkstoff |
Betroffene Körperfunktion (Krankheit) |
Blei | Blutbildung |
Cadmium | Knochenstoffwechsel |
Quecksilber
und Kupfer (Amalgam) |
Nervenstoffwechsel |
Lösungsmittel | Immunsystem
und Gehirnstoffwechsel |
Asbest | Lungenfunktion
(Krebs, Asbestose) |
Formaldehyd | Immunsystem,
Nervenstoffwechsel |
Dioxine (TCDD) | Immunsystem,
Leber, gesamter Stoffwechsel; letztendliche Wirkung: Krebs (wegen extrem langer Speicherung im Organismus) |
- Bestes Beispiel für ein Gift mit langer Latenzperiode, aber umso nachhaltigerer Wirkung ist das von Zahnärzten seit Jahrzehnten verwendete Zahnfüllmaterial Amalgam . Der heimtückische Charakter der chronischen Vergiftung zeigt sich hier deutlich: wenn das Problem konkret ist, kommt die Rettung zu spät. D.h. wenn nach einer langen Latenzperiode (5 - 10 Jahre bei Amalgam) die Vergiftungssymptomatik ausbricht, bestanden in der Zwischenzeit keine oder geringe Beschwerden, so daß kein Grund zur Beseitigung der Giftquelle vorlag - bis die Existenz der Giftquelle durch massive, aber häufig irreversible Beschwerden erkannt ist, hat der Organismus seine Heilungskapazitäten ausgeschöpft.
- Eine Möglichkeit für den Menschen auf Dauer seine Gesundheit zu erhalten, ist vorläufig die Beseitigung aller massiv einwirkenden anthropogenen Giftquellen, die in den biologischen Kreislauf eingreifen.
- Es lassen sich aus umwelttoxikologischer Sicht globale politische Forderungen (in den Bereichen Verkehr, Müllverwertung, Warenfluß, Nahrungs- und Rohstoffbeschaffung, Umgang mit Wissenschaft und Informationen, usw.) stellen. Wichtige Punkte sind hierbei die Problematik der Müllverbrennung, die massiven CO2-Emissionen durch beschleunigten Transport und Verkehr, die Verstärkung der Nahrungsmittelbelastung durch Pestizide und Schwermetalle, die mangelnde Transparenz der Schadstoffbelastung in Nahrungsmitteln und Konsumartikeln (zu wenig "amtliche Giftfreisiegel"), u. a. m.